Und da ist sie wieder, die unliebsame
Situation, dass sich jemand fest darauf fixiert hat, dass irgendwas
besonders wichtig für Dich wäre.
Dieser Mensch ist davon überzeugt,
weil er die Sache selbst für wichtig hält, dass auch Du Feuer und
Flamme bist.
Und Du beißt die Zähne zusammen und
nimmst Teil, wieder und wieder, weil Du denkst, es wäre unhöflich
und enttäuschend für den anderen, wenn Du ihm sagst, dass Dich das
null interessiert. Und von Mal zu Mal rutschst Du tiefer rein in den
Sog der vermeintlichen Verantwortung anderen gegenüber und des
selbstgebastelten Knigge.
Ja, eigentlich sind die Inhalte sicher
wichtig für mich und eigentlich erwartet man auch, dass ich mich
dafür interessiere.....aber....seien wir mal ehrlich, es gibt nichts
langweiligeres als Runden, in denen gelangweilte Menschen stundenlang
einem anderen genervten Menschen zuhören, der das selbe Thema zum
achthundertvierundachzigtausendsten Mal runterleiert.
Ja, wir sollten uns einbringen, von
unseren Fortschritten berichten, begeistert und gut angezogen
erscheinen, den dadurch entstandenen Schein wahren usw. usw. usw.
Wir sollten. Aber wer sagt, wir müssen?
Wir selbst?
Am Anfang spielte ich das Spiel mit und
versuchte mich an den Gedanken zu gewöhnen, mit Menschen, die trotz
selben Alters und täglichen Kontakts zueinander auf ein „Sie“
bestehen, Stunden in einem stickigen Raum zu sitzen und ach so
begeistert zuzuhören, um im Endeffekt den Inhalt einer Seite
abschließenden Protokolls in ihrem Entstehungsprozess zu begleiten.
Irgendwann merkte ich aber, dass der
Mensch, den ich da in meiner Vorstellung sah, nicht ich war, sondern
eine Rolle eines Theaterstücks, das sich Gesellschaft nennt.
Also ging ich zu meinem Chef und sagte
ihm Folgendes:
„Wenn es Ihnen persönlich wichtig
ist, dass ich da dabei bin, nehme ich natürlich Teil. Wenn es Ihnen
egal ist, werde ich nicht anwesend sein. Ich lese mir gern danach das
Protokoll durch, um zu wissen, was bei der Sitzung heraus kam, aber
meine Zeit würde ich gerne anders nutzen, da es mir nach 15 Minuten
auch sehr schwer fällt, solchen Veranstaltungen geistig zu folgen
und ich in Tagträume flüchte.“
Es war überhaupt nicht schwer, für
mich selbst einzustehen.
Er war nicht begeistert, aber er hat es
verstanden, weil es ihm selbst ähnlich geht. Wir haben uns auf zwei
Veranstaltungen geeinigt und ich bekomme die Protokolle der anderen
per Email. Falls ich etwas dazu beizutragen habe, nehme ich natürlich
Teil.
Wir verschwenden so viel Zeit damit,
Dinge zu tun, die andere von uns erwarten, die wir selbst aber gar
nicht wollen. Nicht nur im Arbeitsleben, auch im Privaten kommt das
sehr oft vor. Der Umzug des Kanarienvogels eines Freundes, die
Beerdigung der Oma Deines Nachbarn und und und.
Natürlich macht man gerne mal etwas
für jemanden, der einem nahe steht, auch wenn es einem selbst nicht
wichtig ist, aber es gibt viele Situationen, in denen ein Nein besser
für alle wäre, vor allem solche, die eine erwartete Regelmäßigkeit
nach sich ziehen.
Sind bei einem Umzug nur Menschen
dabei, die wirklich Lust haben und nicht mit den drei Katern der
Vorabende im Nacken im Schneckentempo eine Klorolle in den
Transporter schleppen, geht alles viel schneller von statten und die
Stimmung ist besser.
Sind bei Sitzungen nur Menschen, die
wirklich etwas mitzuteilen haben und solche, die direkt davon
betroffen sind, wird weniger Zeit benötigt und man kommt schneller
ans Ziel.
Sind bei der Beerdigung nur Menschen,
die die Oma kannten, wirklich trauern über ihren Verlust, wird es
eine authentische Veranstaltung und keiner muss etwas vorspielen, nur
um nachher reich schlemmen zu können (auch ein Brauch, den ich nicht
nachvollziehen kann. Erst heulen, als gäbe es kein morgen mehr und
dann feiern....).
Letztendlich sind alle am besten dran,
wenn wir einfach ehrlich mit ihnen sind. Wenn wir etwas nicht tun
möchten, sollten wir das verbalisieren. Das ist unser Recht und
unsere Selbstfürsorge.
So verhindern wir, unglücklich zu
werden, weil wir nur noch tun, was andere möchten, wir verhindern,
dass immer höhere Erwartungen an uns gestellt werden und wir
verhindern, dass wir uns selbst verlieren. (Lese hierzu meinen Beitrag zum Thema Glück )
In diesem Sinne:
Sagen wir doch heute einfach öfter mal
NEIN.
Keine Kommentare :
Kommentar veröffentlichen