26. März 2019

Das Kind mit der Kreide

 

 

Wenn es außer mir keine Menschen gäbe, wäre ich....

 





 Um wirklich zu spielen, muß der Mensch, 

solange er spielt, wieder Kind sein.


(Johan Huizinga)



Ich würde draußen auf der Straße sitzen, um die Sonnenstrahlen abzubekommen und mit Kreide Bilder auf den Boden malen.
Ich würde meinen Gaskocher mit in den Supermarkt nehmen und vor Ort kochen, auf was ich Lust hätte.
Ich würde nackt durch den Wald rennen, über Wurzeln hüpfen und mit den Vögeln pfeifen.
Ich würde durch den Bach waten, an jedem Blümchen riechen und lauthals Lieder trällern.
Ich würde die ganze Welt mit dem Auto erkunden und alle Wunder anschauen.

Warum sitzen wir nicht auf der Straße und malen mit Kreide?

Wir sind jetzt erwachsen.
Andere Menschen hielten uns für mental eingeschränkt.
Haben wir ein Kind an der Seite, können wir das machen. Natürlich nur zu lehrendem Zweck, nicht weil es Spaß macht.
Oder das Kreidewerk muss perfekt sein, professionell, von künstlerischem Wert, so wie das der Straßenmaler auf der Dom-Platte in Köln, dann rechtfertigt das unser Verhalten auch.
Selbst zu zweit oder mehreren wäre diese Handlung fast noch vertretbar und würde von anderen als lustig oder im positiven Sinne als verrückt betitelt.

Aber allein?

Allein muss man Leistung bringen, einen Sinn erfüllen. Das, was wir tun, muss Sinn machen und einem Ziel dienen.
Selbst bei Tätigkeiten, die eigentlich in ihrer Existenz Spaß machen sollen, wird ein Ziel und ein Sinn ergänzt. Dann muss es wenigstens um Punkte gehen und man kämpft um den Sieg. 
Selbst bei Spaß wird Leistung verlangt. Videospiele, Sportvereine, Brettspiele, Kreuzworträtsel....es wird erwartet, dass man bis zum Ende durchzieht und auf einen Sieg aus ist. Der Spaß wird von Ehrgeiz überdeckt und oft ist man am Ende frustriert oder angespannt.

Einfach nur Spaß haben, Dinge um ihrer selbst Willen tun, können wir uns nicht erlauben.

Sie bringen uns nicht weiter im Leben, bringen kein Ansehen, kein Verständnis, keinen Erfolg. 
Sie haben kein klar definiertes Ziel / Ende.
Oder sind es gerade diese Dinge, die uns weiter bringen? Die uns näher an unsere Wurzeln bringen, an die Leichtigkeit, die wir als Kinder beim Spielen verspürt haben, wenn wir die Zeit vergaßen?



Vielleicht müssen wir einfach wieder mit Kreide im Hof sitzen und alles um uns herum vergessen, ziel- und sinnlos und ohne Zeitgefühl in unserem krakeligen Bild aufgehen, in dem wir eine Welt sehen können, die nur wir mit unserer eigenen, individuellen Fantasie verstehen können.

 

 

 

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